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Cholesterin senken durch Vitamine und Spurenelemente?

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Pixabay

Mit Vitaminen das Herz schützen?

Vitamine und Mineralstoffe sind wichtig für ein gesundes Leben. Doch können diese Mikronährstoffe, eingenommen als Nahrungsergänzungsmittel, erhöhte Cholesterinwerte senken und sogar Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern?

Frage: Sind Vitamine und Mineralstoffe wirksam und sicher bei der Senkung des Cholesterinspiegels?
Antwort: unklar
Erklärung: Ob Nahrungsergänzungsmittel den Cholesterinspiegel senken ist noch kaum erforscht. Mehr Studien gibt es zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, jedoch sind auch da noch keine verläßlichen Aussagen über eine Wirksamkeit möglich.

Schlaganfall, Herzinfarkt und Co sind in Nationen mit hohem Lebensstandard oft weit verbreitet – auch hierzulande. Herz-Kreislauf-Erkrankungen können schwere Folgeschäden auslösen, und bei vier von zehn Menschen in Österreich sind sie die Todesursache.

Selbst aktiv werden

Viele Menschen wollen sich vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen und versuchen durch Veränderungen in ihrem Leben gegenzusteuern. Dazu gehören Gewichtsabnahme und Ernährungsumstellung, ausreichend Bewegung und der Verzicht aufs Rauchen. [4]

Auch das Senken von zu hohen Cholesterinwerten kann eine sinnvolle Maßnahme zur Vorbeugung sein. Schließlich zählt ein erhöhter Cholesterinspiegel zu jenen Faktoren, die eine Folgeerkrankung des Herz-Kreislauf-Systems wahrscheinlicher machen können. Aber auch familiäre Veranlagung, Alter usw. spielen eine Rolle für das Risiko. [4] [6] [7] [8]

Wunsch nach Alternativen

Zum Cholesterinsenken kommen neben diversen Lebensstilveränderungen auch wirksame Medikamente zum Einsatz. Weit verbreitet sind Arzneiwirkstoffe namens Statine, über die wir bereits berichtet haben http://www.medizin-transparent.at/cholesterinsenken-sinnlos-von-wegen .

Doch nicht alle Betroffenen können oder wollen über einen längeren Zeitraum Tabletten einnehmen. Gibt es für sie andere Möglichkeiten, um die Cholesterinwerte zu verbessern? Wirken beispielsweise Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente – verpackt in Nahrungsergänzungsmittel? [4] [7]

Individuelle Mischung

Genau das wollte ein User von medizin-transparent.at wissen. Ihm wurde für den Kampf gegen zu hohes Cholesterin ein individuell zusammengestellter Mikronährstoff-Mix der Firma Biogena empfohlen.

Über die Mikronährstoff-Mischungen von Biogena können wir keine Aussagen treffen, weil diese Produkte speziell auf die einzelnen Patienten abgestimmt werden. Sie sind über einen Arzt oder Therapeuten erhältlich und können Vitamine und Mineralstoffe sowie weitere Mikronährstoffe (Spurenelemente, Pflanzenstoffe, Aminosäuren etc.) enthalten.

Nur verschönerte Blutwerte?

Aber was taugen Vitamine und Mineralstoffe ganz allgemein zur Cholesterinsenkung? Leider ist die Frage nicht sehr gut erforscht. Es ist also unklar, inwiefern bestimmte Nahrungsergänzungsmittel die Blutfettwerte verbessern können,.

Zwar gibt es Studien, die behaupten, dass Mikronährstoffe wie Calcium oder Vitamin C die Cholesterinwerte positiv beeinflussen können. Unklar bleibt letztlich, wie nachhaltig diese möglichen Effekte überhaupt sein können: Verursachen sie nur eine ‚Verschönerung’ der Blutwerte? Oder wirken sie tatsächlich positiv auf die Gesundheit, indem sie Folgeerkrankungen von Herz und Kreislaufsystem verhindern? [6] [7] [8]

Wissen über Unwissen

Zur Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem gibt es umfassendere Studien als zum Cholesterin : Erst kürzlich fahndete eine große, gut gemachte systematische Übersichtsarbeit [1] nach einem möglichen Schutzeffekt durch Vitamine und Mineralstoffe.

So verheißungsvoll die Untersuchung auch klingen mag – das Fazit ist letztlich recht frustrierend: Derzeit lassen sich keine verlässlichen Aussagen treffen. Es ist also fraglich, ob diverse Vitamine und Mineralstoffe bei der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen helfen können.

Ebenso bleibt offen, welche Schäden viele dieser Präparate eventuell auslösen. Es fehlen schlicht belastbare Daten, die seriöse Schlüsse über den Vorbeugungseffekt zulassen. Mehr gut geplante Langzeitstudien wären notwendig.

Ergänzung ist häufig

Jährlich werden Milliarden Dollar und Euro für Nahrungsergänzungsmittel ausgegeben. Das Angebot in Apotheken, Drogerien, Supermärkten und im Internethandel ist groß. Die Kapseln, Pulver und Flüssigkeiten können neben Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen auch Ballast- und Pflanzenstoffe und weitere Substanzen enthalten.

Eine beträchtliche Anzahl von Menschen konsumiert die frei verkäuflichen Präparate täglich – in der Absicht, dem Körper etwas Gutes zu tun und ihn gegen diverse Krankheiten zu wappnen. [2] [3]

…oft unnötig…

Allerdings sind Nahrungsergänzungsmittel meist nicht notwendig. Gesunde Erwachsene aus Industrieländern können den empfohlenen Bedarf an Mikronährstoffen normalerweise decken, wenn sie sich ausgewogen und abwechslungsreich ernähren. [2] [3]

Eine solche gesunde Ernährung hat neben einer ausreichenden Menge von Vitaminen und Mineralstoffen noch etliche wertvolle Ingredienzien zu bieten – damit haben wir uns beispielsweise hier befasst: http://www.medizin-transparent.at/mediterrane-kost-fur-ein-gesundes-herz

…aber manchmal sinnvoll

Bei Personen mit besonderen Bedürfnissen kann eine Nahrungsmittelergänzung durchaus ihre Berechtigung haben. Dazu gehören Frauen während der Schwangerschaft und Stillzeit. Auch für Menschen mit bestimmten chronischen Krankheiten oder Mangelerscheinungen kann eine Ergänzung sinnvoll sein. [2] [3]

 

Die Studien im Detail

In einer systematischen Übersichtsstudie [1] mit 24 randomisiert kontrollierten Studien und zwei Kohortenstudien brachten es US-Forscher auf eine beeindruckende Zahl an Probanden: Die Ergebnisse von über 400.000 gesunden Erwachsenen wurden in einer Meta-Analyse ausgewertet, finanziert durch die Agency for Healthcare Research and Quality des US-Gesundheitsministeriums.

Die Teilnehmer hatten keine Beschwerden, waren meist über 50 Jahre alt und nahmen über einen längeren Zeitraum Nahrungsergänzungsmittel zur Krankheitsvorbeugung ein. Diese Mittel enthielten entweder nur einen Mikronährstoff (z. B. Selen, Vitamin C, Eisen) oder einen Mix aus Vitaminen und Mineralstoffen.

Weder Nutzen noch Schaden deutlich

Nach ihrer Analyse mussten die Studienautoren erkennen, dass sie nicht wirklich schlauer waren als zuvor: Die Daten ließen für sie keine Schlüsse über den Vorbeugungseffekt in punkto Herz-Kreislauferkrankungen zu. Dafür waren die zugrunde liegenden Studien zu uneinheitlich und widersprüchlich.

Auch schädliche Effekte konnten die Forscher nach der Auswertung der unterschiedlichen Studien weder ausschließen noch bestätigen. Nur gegen die extra Einnahme von Vitamin E und beta-Karotin sprachen sie sich aus: Vitamin E bringe keine Nutzen (http://www.medizin-transparent.at/vitamin-e-schutz-oder-bedrohung ) bzw. erhöhe beta-Karotin das Lungenkrebsrisiko für bereits gefährdeten Personen (http://www.medizin-transparent.at/mythos-krebsschutz-durch-pflanzenfarbstoff-beta-carotin).

Nicht entdeckte Effekte?

Dass bestimmte Personengruppen von der Einnahme bestimmter Vitamine, Mineralien und Spurenelemente womöglich profitieren, lässt sich durch diese Studie nicht ausschließen.

Das routinemäßige Einnehmen von Nahrungsergänzungsmitteln durch große Teile der Bevölkerung erscheint jedoch in einem kritischen Licht, da weder mögliche Nutzen noch Risiken ausreichend abgeklärt sind. Weitere Untersuchungen wären also sinnvoll. So könnten etwa die Effekte von Vitamin D und Calcium besser abgeklärt werden, schreiben die Forscher aus den USA.

Auch ein Cochrane Reviews aus dem Jahr 2012 fand keine Hinweise darauf, dass sich Nahrungsergänzung mit Selen [5] auf die Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auswirkt.

(Autoren: J. Harlfinger, B. Kerschner, J. Wipplinger, C. Christof)

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Ähnliche Artikel

 

 

Information zu den wissenschaftlichen Studien

[1] Fortmann u.a. (2013)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 26
Teilnehmer insgesamt: über 400.000
Fragestellung: Senken Vitamin- und Mineralstoffpräparate das Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs zu erkranken?
Interessenskonflikte: keine angegeben.

Fortmann SP, Burda BU, Senger CA, Lin JS, Whitlock EP.
Vitamin and mineral supplements in the primary prevention of cardiovasculardisease and cancer: An updated systematic evidence review for the U.S. Preventive Services Task Force.
Ann Intern Med. 2013 Dec 17;159(12):824-34.
Studie in voller Länge http://annals.org/article.aspx?articleid=1767855

Weitere wissenschaftliche Quellen

[2] Bundesamt für RisikobewertungGesundheitliche Bewertung von Nahrungsergänzungsmitteln, abgerufen am 16.10.2014

[3] IQWIGWas sind Nahrungsergänzungsmittel?, abgerufen am 16.10.2014

[4] IQWIGErhöhte Cholesterinwerte, abgerufen am 10.10.2014

[5] Rees u.a. (2013)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration
Fragestellung: Helfen Nahrungsergänzungsmittel mit Selen bei der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Rees K, Hartley L, Day C, Flowers N, Clarke A, Stranges S.
Selenium supplementation for the primary prevention of cardiovascular disease.
Cochrane Database Syst Rev. 2013 Jan 31;1:CD009671.
Zusammenfassung

[6] UptoDatePatient information: Can foods or supplements lower cholesterol? (The Basics)

[7] UptoDatePatient information: High cholesterol treatment options (Beyond the Basics), abgerufen am 16.10.2014

[8] UptoDateLipid lowering with diet or dietary supplements, abgerufen am 10.10.2014


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