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Makuladegeneration: Vitamine könnten Sehverlust bremsen

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Hilfe bei nachlassender Sehkraft?

Eine Vitaminmischung der Firma Dr. Hittich verspricht Rettung bei einer Augenerkrankung im Alter (Makuladegeneration). Doch Vorbeugen lässt sich damit keinesfalls, möglicherweise verlangsamt das Präparat aber eine Verschlechterung.

Frage: Können Vitamin- und Nährstoffpräparate der Augenerkrankung Altersbedingte Makuladegeneration vorbeugen?
Antwort: Nein
Frage: Können sie das Fortschreiten der Augenerkrankung verzögern?
Antwort: möglicherweise Ja
Erklärung: Vitamin E und Beta-Carotin können die Entstehung einer Altersbedingten Makuladegeneration NICHT verhindern. Möglicherweise lassen sie aber zusammen mit Zink und Vitamin C eine bestehende Erkrankung langsamer fortschreiten.

Beim Lesen erscheinen einzelne Buchstaben auf einmal undeutlich, Handarbeiten fallen schwerer, und für viele Alltagstätigkeiten ist mehr Licht nötig. Die altersbedingte Makuladegeneration kommt oft schleichend und bleibt lange unbemerkt.

Makula oder „gelber Fleck“ nennen Ärzte die Stelle auf der Netzhaut des Auges, die für scharfes Sehen im Zentrum des Gesichtsfeldes zuständig ist. Bei der Makuladegeneration bildet sich die Sehkraft an dieser Stelle zurück, Betroffene nehmen Gegenstände nur noch verschwommen am Rande des Sehfelds wahr.

Die sogenannte „trockene“ Form der Augenerkrankung kommt am häufigsten vor. Dabei bilden sich in der Netzhaut kleine Ablagerungen. Diese zerstören die Sehzellen zunehmend und beeinträchtigen so die Sehfähigkeit. Bei der selteneren „feuchten“ Variante entstehen neue kleine Blutgefäße in der Netzhaut, aus denen Flüssigkeit aussickert und die Netzhaut zerstört.
Das Augenleiden ist in Industrieländern die häufigste Ursache für beinahe vollständigen Sehverlust im Alter.

Hilfe versprechen Hersteller von Vitaminpräparaten wie zum Beispiel die Firma Dr. Hittich. Eine spezielle Nährstoff-Kombination soll die Alterssehschwäche laut Prospekt bessern. Diese enthält Antioxidantien (Vitamin C, E, Beta-Carotin, Lutein, Zeaxanthin) und die Mineralstoffe Zink, Chrom und Selen. Billig sind die Präparate nicht – wirft man bei deren Kauf sein Geld zum Fenster hinaus?

Fortschreiten möglicherweise verlangsamt

Tatsächlich gibt eine große klinische Studie Hinweise darauf, dass eine Kombination aus Vitamin C, E, Beta-Carotin und Zink die zunehmend schlechter werdende Sehkraft länger erhalten kann. Auch Zink alleine scheint eine solche Wirkung zu haben. Ein Wundermittel sind die Vitamine und Mineralstoffe nicht. Selbst nach sechs Jahren war die Wirkung nur moderat, kürzere Studien über eine Zeitdauer bis zu zwei Jahren zeigten gar keinen Effekt [1] [b]. Zudem müssen weitere Studien die Richtigkeit dieser Ergebnisse bestätigen.

In großen Dosen bedenklich

Die regelmäßige Einnahme von Vitamin E und Beta-Carotin-Präparaten ist allerdings nicht unbedenklich. So können große Mengen an Vitamin E die Wahrscheinlichkeit geringfügig erhöhen, frühzeitig zu sterben (siehe Vitamin E – Schutz oder Bedrohung? ). Regelmäßig hohe Dosen an Beta-Carotin vergrößern zudem das Risiko für Blasenkrebs sowie bei Rauchern für Lungenkrebs etwas (siehe Mythos Krebsschutz durch Pflanzenfarbstoff Beta-Carotin )

Sinn macht es auf jeden Fall, mit dem Rauchen aufzuhören. Wer es schafft, seine Finger vom Tabak zu lassen, kann eher verhindern, dass die Erkrankung fortschreitet. Denn Rauchen beschleunigt die Zerstörung der Sinneszellen in der Netzhaut [b].

Vitamine zur Vorbeugung nutzlos

Eines können die Vitamin- und Mineralstoff-Präparate keinesfalls: die Entstehung einer Makuladegeneration verhindern. Das haben bisher durchgeführte Studien klar gezeigt [2].

Was die Vitaminmischung nicht schafft, kann aber ein Rauchstopp erzielen: die Hände vom blauen Dunst zu lassen verringert die Wahrscheinlichkeit deutlich, an altersbedingter Makuladegeneration zu erkranken. Möglicherweise hilft auch eine gesunde Ernährung. Empfohlen werden reichlich Obst und Gemüse, vor allem dunkelgrüne Sorten wie Spinat und Grünkohl sowie Mais. Auch Fisch könnte sich positiv auswirken [a] [b].

Andere Behandlungen

Für die trockene Form der langsam fortschreitenden Alterssehschwäche gibt es neben den Vitaminpräparaten keine Behandlungsmöglichkeit.
Die seltenere „nasse“ Form schreitet schneller voran, lässt sich aber besser behandeln. Um zu verhindern, dass neue Blutgefäße in der Netzhaut entstehen, können Ärzte ein Mittel ins Auge spritzen, welches das Wachstum der Blutgefäße hemmt. Möglich sind auch Laserbehandlungen oder eine photodynamische Therapie, bei der Blutgefäße durch ein Medikament und eine anschließende Laserbestrahlung zerstört werden. Diese Behandlungen können jedoch schwere Nebenwirkungen haben, ihre Wirkung ist zudem nur begrenzt und nicht dauerhaft [b].

Die Studien im Detail

Dass ein Vitaminmix das Fortschreiten einer Altersbedingter Makuladegeneration (AMD) bremsen könnte, beruht auf Teilergebnisse einer einzigen Studie [1] [3]. Konkret profitierten in der randomisiert-kontrollierten „AREDS“-Studie [3] einzig Risikopatienten mit stark fortgeschrittener Erkrankung – und das nur geringfügig. Demnach mussten elf Patienten die Präparate über sieben Jahre einnehmen, um bei einem davon eine Verschlechterung zu verhindern. Bei Studienteilnehmern mit leicht fortgeschrittener trockener AMD hatte die Vitamin-Mineralstoff-Kombination keine Wirkung. Die Ergebnisse sind also nicht auf alle AMD-Patienten übertragbar.Untersucht wurde in der Studie nur die Mischung mit 500 mg Vitamin C, 400 IU Vitamin E, 15 mg Beta-Carotin und 80 mg Zink-Oxid. Ob auch andere Vitaminkonzentrationen wirksam wären, ist unklar. Die tägliche Aufnahme von 400 IU Vitamin E könntec allerdings schon als bedenklich gelten (siehe Vitamin E – Schutz oder Bedrohung? ), für Beta-Carotin liegt die Grenze mit 20 – 30 mg höher als die untersuchten 15 mg (vergleiche Mythos Krebsschutz durch Pflanzenfarbstoff Beta-Carotin).

Zusätzliche Antioxidantien wie die Karotinoide Lutein und Zeaxanthin dürften keinen Vorteil bringen. Auch ist unklar, ob sie als Ersatz für das bedenkliche Beta-Carotin herhalten können. Das zeigen die Ergebnisse einer weiteren randomisiert-kontrollierten Studie der AREDS-Forscher [4]. Insgesamt ist die Studienlage noch zu unsicher, um eine sichere Aussage treffen zu können.

Gut abgesichert ist hingegen, dass Vitamin E und Beta-Carotin nicht zur Vorbeugung taugen – sie können nicht verhindern, dass die Augenerkrankung im Alter entsteht. Das bestätigen Wissenschaftler der Cochrane Collaboration in eine Analyse bisher veröffentlichter Studien [2]. Keine Studien gibt es zu anderen Antioxidantien wie Vitamin C, Lutein und Zeaxanthin – bei ihnen ist unbekannt, ob sie das Erkrankungsrisiko verringern können.

AMD ist eine Erkrankung, die besonders ältere Menschen betrifft. Rund eine von zwanzig Personen über 65 Jahren ist von dieser Augenerkrankung betroffen, bei den Über-80-jährigen sind es bereits mehr als doppelt so viele [a]. Mit 85 bis 90 unter 100 Betroffenen ist die trockene AMD die häufigste Variante. Im Gegensatz zur nassen Form verschlechtert sich die Sicht aber nur langsam. In vielen Fällen kann sich aus der trockenen jedoch eine nasse AMD entwickeln, bei der sich die Sehkraft rasch vermindert.

(Autoren: B. Kerschner, J. Wipplinger, C. Christof)

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Information zu den wissenschaftlichen Studien

[1] Evans u.a. (2012)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 13 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmer insgesamt: 6150 Personen mit AMD
Fragestellung: Einfluss von Antioxidantien und Mineralstoffen auf Progression einer AMD
Interessenskonflikte: keine angegeben.

Evans JR, Lawrenson JG. Antioxidant vitamin and mineral supplements for slowing the progression of age-related macular degeneration. Cochrane Database of Systematic Reviews 2012, Issue 11. Art. No.: CD000254. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[2] Evans u.a. (2012)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 4 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmer insgesamt: : 62.250 Personen
Fragestellung: Interessenskonflikte: keine angegeben.

Evans JR, Lawrenson JG. Antioxidant vitamin and mineral supplements for preventing age-related macular degeneration. Cochrane Database of Systematic Reviews 2012, Issue 6. Art. No.: CD000253. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[3] AREDS (2001)
Studienart: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmer: 3640 (55-80 Jahre) mit unterschiedlich ausgeprägter AMD (Kat1: keine AMD, 2:milde oder borderline trockene AMD;3: moderate trockene AMD; 4.fortgeschrittene trockene AMD oder feuchte AMD
Studiendauer: mittleres Follow up 6,3 Jahre
Frage: Kann die Supplementation mit Antioxidantien ( Beta-Carotin, Vitamin E und C und/oder Zink) das Risiko einer AMD Entwicklung/Progression beeinflussen?
Mögliche Interessenskonflikte:keine

Age-Related Eye Disease Study Research Group. A randomized, placebo-controlled, clinical trial of high-dose supplementation with vitamins C and E and beta carotene for age-related cataract and vision loss: AREDS report no. 9. Arch Ophthalmol. 2001 Oct;119(10):1439-52. report no. 8. Arch Ophthalmol 2001; 119:1417 (Studie in voller Länge)

[4] AREDS (2008)
Studienart: randomisiert-kontrollierte Studie
Studienteilnehmer :4.203 AMD-Patienten mit hohem Risiko für fortgeschrittene AMD
Studiendauer:5 Jahre
Frage: Hat der Zusatz von Lutein ,Zeaxanthin +/oder Omega 3 Fettsäuren einen Einfluss auf das Fortschreiten einer AMD? Kann auf ß-Carotin verzichtet werden? Kann Zink niedriger dosiert werden?
Mögliche Interessenekonflikte:keine

Age-Related Eye Disease Study 2 Research Group. Lutein + zeaxanthin and omega-3 fatty acids for age-related macular degeneration: the Age-Related Eye Disease Study 2 (AREDS2) randomized clinical trial. JAMA. 2013 May 15;309(19):2005-15. (Studie in voller Länge)

Weitere wissenschaftliche Quellen
[a] UptoDate http://www.uptodate.com/contents/age-related-macular-degeneration-clinical-presentation-etiology-and-diagnosis

[b] UptoDate http://www.uptodate.com/contents/age-related-macular-degeneration-treatment-and-prevention


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