Noni-Früchte riechen nach ranzigem Käse, dennoch werden sie als Wundermittel beworben. Fehlende Belege zeigen: da ist etwas faul.
Frage: | Fördern Nonifrucht-Produkte die Gesundheit? | |
Antwort: | unklar | |
Erklärung: | Bisher existieren keine wissenschaftlich gut durchgeführten Studien, die einen gesundheitlichen Nutzen von Nonifrüchten beweisen können. |
In Australien trägt die Noni-Frucht auch die wenig schmeichelhafte Bezeichnung „rotten cheese fruit“ – auf Deutsch übersetzt „Gammelkäse-Frucht“. Schuld ist der gewöhnungsbedürftige Geruch nach ranzigem Käse, den Noni-Früchte verströmen. Das tut dem Marketinghype rund um Produkte aus der Südsee-Frucht jedoch keinen Abbruch. Weltweit finden jährlich zwischen 30.000 und 50.000 Flaschen mit Noni-Saft ihren Abnehmer.
Der Grund: Noni-Saft wird als natürliches Universalheilmittel beworben. So soll er vor Krebs schützen oder den Blutdruck senken. In der Volksmedizin Indiens, Südostasiens, Afrikas und Australiens gilt die Hühnerei-große Tropenfrucht als Wundermittel gegen alle erdenklichen Beschwerden. Der Herstellerfirma Morinda zufolge sei die Wirksamkeit ihres Produkts „Tahitian Noni Juice“ sogar durch zahlreiche klinische Studien wissenschaftlich belegt.
Nachweis fehlt
Eine kühne Behauptung, denn Belege für eine solche Wirkung sind bisher ausständig. Insgesamt finden sich eine kleine Handvoll klinischer Studien an menschlichen Teilnehmern. Die sind allerdings von geringer Qualität, verlässliche Ergebnisse können sie keine liefern. Das gilt speziell für die Behauptung, Noni-Produkte könnten den Cholesterinspiegel und die Blutfettwerte verbessern [1] [2] oder den Blutzuckerspiegel bei Diabetikern optimieren [5].
Genauso wenig gibt es glaubhafte Hinweise, dass der Saft oder Extrakt der Südseefrucht die Hörfähigkeit bessert [3] oder Übelkeit durch Narkosemittel nach Operationen bekämpfen kann [4]. Klinische Studien, welche die Wirksamkeit von Noni bei Bluthochdruck oder zur Vorbeugung und Behandlung von Krebs untersuchen, konnten wir gar keine finden.
In der EU darf Noni-Saft seit dem Jahr 2003 als neuartiges Lebensmittel („novel food“) verkauft werden. Auch wenn der Hersteller auf die Zulassung als Lebensmittel stolz ist und auf seiner Webseite eifrig bewirbt – eine Bestätigung möglicher Gesundheitsvorteile ist das nicht. Das stellt auch die europäische Lebensmittelbehörde EFSA in einer Aussendung klar [6].
Leberschädlich?
Bis zum Jahr 2006 tauchten vier Fallberichte [7] auf, bei denen Personen an einer Leberentzündung erkrankt waren, nachdem sie Noni-Saft getrunken hatten. Bei einer Überprüfung der Fälle fanden die Experten der EFSA jedoch keinen überzeugenden Hinweis darauf, dass Noni-Saft die Lebererkrankung ausgelöst hat. Vielmehr dürften Alkohol, Medikamente oder Pflanzendrogen schuld daran gewesen sein, beziehungsweise hatten sich bereits bestehende Leberschäden plötzlich verschlimmert [6].
Zwischen 1996 und 2006 waren weltweit 80 Millionen Flaschen Noni-Saft verkauft worden. Verdachtsfällen auf Leberentzündungen waren im selben Zeitraum mit vier Meldungen sehr selten und wahrscheinlich zufallsbedingt. Giftigkeits-Untersuchungen zeigen keinen Hinweis auf eine gesundheitschädliche Wirkung von Noni-Früchten. Die EU stuft daher eine Menge von 30 Milliliter Noni-Saft täglich als sicher ein.
Bis zum Jahr 2009 tauchten jedoch sechs weitere Fallberichte auf, bei denen Leberentzündungen in einem möglichen Zusammenhang mit Noniprodukten standen. Die Experten der EFSA schließen daher nicht aus, dass einzelne Personen unter Umständen empfindlich auf die Früchte reagieren [7].
Die Studien im DetailDie Studienlage zu Extrakten und Säften aus der Noni-Frucht ist dürftig. Gut gemachte klinische Studien haben wir keine finden können. Eine Handvoll methodisch fragwürdiger Studien untersuchte die Auswirkung auf diverse Blutwerte. Ob Noniprodukte neben Blutwerten jedoch auch tatsächliche Beschwerden bei den Studienteilnehmern lindern konnten, berichten die Forscher nicht [1] [2] [3]. Konkret schien 30 ml Nonisaft täglich die Gesamt-Cholesterinmenge und Blutfette bei schweren Rauchern nach einem Monat sinken zu lassen [1]. Ob sich aber auch die Werte für das „schlechte“ LDL-Cholesterin verbessert haben, geben die Forscher nicht an. Zudem war die Zahl der Teilnehmer in der Noni-Saft-Gruppe viel größer als die in der Vergleichsgruppe. Das macht verzerrte Ergebnisse wahrscheinlicher. Eine weitere Studie untersuchte Personen mit hohen Cholesterinwerten [2]. Teilnehmer, die Noni-Kapseln einnahmen, unterschieden sich aber schon vor Studienbeginn stark von jenen Teilnehmern, die Kapseln ohne Inhaltsstoffe schluckten. Die Ergebnisse sind daher nicht aussagekräftig. In einer kleinen Studie [5] erhielten Patienten mit Typ 2 Diabetes drei Wochen täglich Nonisaft. Auf den Blutzuckerspiegel schien sich das im Vergleich zu einem anderen Getränk nicht auszuwirken. Die Ergebnisse sind jedoch nicht zur Gänze nachvollziehbar. Die Auswirkung von Noni-Extrakt auf die Hörfähigkeit von neun älteren Frauen untersuchte ein anderes Wissenschaftlerteam [3]. Den Ergebnissen zufolge besserte die Behandlung die Hörfähigkeit nur bei mittelhohen Tönen für das linke Ohr, nicht aber für das rechte Ohr oder andere Tonhöhen. Wahrscheinlich ist das Ergebnis bei einer derart kleinen Teilnehmerzahl auf den Zufall zurückzuführen. Ob Noni Übelkeit nach einer Narkose verhindern kann, bleibt ebenfalls unklar. Eine Studie dazu überprüfte so viele Zeitpunkte, dass zu einem davon die Noni-Gruppe tatsächlich besser dastand als die Vergleichsgruppe. Zufällige Unterschiede sind umso wahrscheinlicher, je mehr Vergleiche gleichzeitig gemacht werden. |
(Autoren: B. Kerschner, J. Wipplinger, C. Christof)
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Wang MY, Peng L, Weidenbacher-Hoper V, Deng S, Anderson G, West BJ. Noni juice improves serum lipid profiles and other risk markers in cigarette smokers. ScientificWorldJournal. 2012;2012:594657. (Studie in voller Länge)
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Sasnan, G. S., E. Hanani, et al. (2014) Effect of Morinda citrifolia fruit extract capsule on total cholesterol levels in patients with hypercholesterolemia. Tropical Journal of Pharmaceutical Research 1319-1326 (Studie in voller Länge)
[3] Langford u.a. (2004)
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Langford, J., A. Doughty, et al. (2004) Effects of Morinda citrifolia on quality of life and auditory function in postmenopausal women. Journal of alternative and complementary medicine (New York, N.Y.) 737-739 (Zusammenfassung der Studie)
[4] Prapaitrakool & Itharat (2010)
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Prapaitrakool S, Itharat A. Morinda citrifolia Linn. for prevention of postoperative nausea and vomiting. J Med Assoc Thai. 2010 Dec;93 Suppl 7:S204-9. (Zusammenfassung)
[5] Sabitha u.a. (2009)
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Mögliche Interessenskonflikte: keine Angaben
Sabitha, P., M. R. Adhikari Prabha, et al. (2009) The beneficial effects of Noni fruit juice in diabetic patients. Journal of Clinical and Diagnostic Research 1822-1826 (Studie in voller Länge)
Weitere wissenschaftliche Quellen
[6] Bundesinistitut für Risikobewertung (2006)
Können Noni-Säfte die Gesundheit schädigen? Aktualisierte Information Nr. 045/2006 des BfR vom 06. März 2006. Abgerufen am 5. 11. 2015 unter
www.bfr.bund.de/cm/343/koennen_noni_saefte_die_gesundheit_schaedigen.pdf
[7] EFSA (2009)
Opinion on the safety of Tahitian Noni® ‘Morinda citrifolia (noni) fruit puree and concentrate’ as a novel food ingredient. Abgerufen am 5. 11. 2015 unter www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/998